Kontinuierlich erneuerte Aktualität: Ludwig Mies van der Rohe im Kontext verschiedener Epochen

Die Arbeit Ludwig Mies van der Rohes wird vielleicht mehr noch, als es bei anderen Architekten der Fall ist, immer wieder neu interpretiert. Zu Lebzeiten wäre dies durch Wandlungen im Werk selbst zu erklären, das sich von der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Hochmoderne im Zeichen extremer Veränderungen auf allen zivilisatorischen Gebieten entfaltete. Aber auch heute noch verfügt Mies’ Werk über Eigenschaf­ten, die es von den verschiedensten Sei­ten her anschlussfähig halten. Christoph Asendorf reflektiert in diesem Essay aus kulturwissenschaftlicher Perspektive über die Aktualität seines architekto­nischen Oeuvres. Er beleuchtet dabei Mies’ Gratwanderung zwischen scheinbar widersprüchlichen Optionen: zwischen Ordnung und Freiheit, Modernität und Tradition, und konkreter raumbezogen: zwischen Grenzsetzung und Durchlässig­keit, Festigkeit und Fluidität.

Continually Renewed Contemporaneity: Ludwig Mies van der Rohe through the Lens of Different Ages

The work of Ludwig Mies van der Rohe, more so than that of most architects, has been subject to a process of continuous reinterpretation. During his lifetime, this could have been explained by the fact that the work itself changed profoundly, responding to the extreme transforma­tions of western civilization that occurred between the period before World War I and the end of high modernity. But even today, Mies’s oeuvre possesses qualities that keep it compatible and relevant. In this essay, Christoph Asendorf reflects on the notion of contemporaneity from the perspective of cultural studies. He pays particular attention to the way in which Mies walks a fine line between seem­ingly contradicting options: between order and freedom, modernity and tra­dition, and, in more architectural terms, between delimitation and permeability, solidity and fluidity.