From Legible Form to Memorable Image.

Juxtaposing the work and effect of the architectural historian Rudolf Wittkower and the critic Reyner Banham, Claire Zimmerman identifies a shift of focus in architectural knowledge in Britain between the early 1940s and the late 1950s. During the Second World War and in its aftermath, architectural historian Wittkower proffered “legibility of form” in architecture as the way to an immanent and coherent order, linking form to social identity and giving it the status of truthful representation. By 1955, however, Banham put forward a different kind of architectural knowledge. Banham discarded the phrase “legibility of form” in favor of “memorable image.” Truth-value receded, but memory-value became decisive. Banham registered a change in architecture culture; the relationship between visible appearance and form was superseded by the notion of forms to remember—forms that might, or might not, relate to other aspects of building. To introduce Banham through a discussion of Wittkower’s writing is to approach the space of postmodernism—where the identity of an image inheres in how it looks the way it looks, not whether it means what it says. The story of this transition is connected to photography, which performed a similar delamination of appearance from concrete objects in twentieth-century architecture.

The article is accompanied by the first German translation of Reyner Banham’s 1955 essay “The New Brutalism.”

Von der lesbaren Form zum erinnerbaren Bild.

Mit der Gegenüberstellung der Positionen des Kunsthistorikers Rudolf Wittkower und des Architekturkritikers Reyner Banham markiert Claire Zimmerman einen Wandel innerhalb des Wissensdiskurses zur Architektur in Großbritannien zwischen den frühen 1940er und den späten 1950er Jahren. Wittkowers Vorstellung einer „Lesbarkeit der Form“, entwickelt in den Jahren und in der Folge des Zweiten Weltkriegs, schrieb der Architektur eine ihr innewohnende harmonische Ordnung zu, in der die formale Organisation und die soziale Identität dermaßen miteinander verbunden seien, der Architektur einen Status wahrhaftiger Repräsentation zu verleihen. 1955 schlug Banham dann eine andere Art der architektonischen Wissenskonstitution vor. Er verwarf die „Lesbarkeit der Form“ und favorisierte dagegen die Vorstellung einer „Erinnerbarkeit als Bild“. Der Wahrheitsgehalt nahm dabei ab, dafür aber der Erinnerungswert zu. Banham wies auf diesen Wandel in der Baukultur hin und glaubte, dass der Konnex von sichtbarer Erscheinung und Form mehr und mehr durch erinnerbare Bilder ersetzt werde – durch Bilder, die zwar noch mit verschiedenen Aspekten des Gebäudes verbunden sein konnten, es aber nicht mehr zwingend sein mussten. Banhams Position vorzustellen, indem man diese mit Wittkowers Texten konfrontiert, heißt auch, sich der Postmoderne zu nähern, in der sich die Identität eines Bildes recht eigentlich dadurch konstituiert, dass es eben aussieht, wie es aussieht, und nicht dadurch, dass es meint, was es sagt. Der hier thematisierte Wandel ist dabei eng verbunden mit dem Medium Fotografie, das sich im 20. Jahrhundert in ähnlicher Weise wie die Architektur von der Wiedergabe der Form eines bestimmten Objekts zu lösen beginnt.

Der Beitrag ist begleitet von der deutschen Erstübersetzung von Banhams Essay “The New Brutalism” von 1955.